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6.10.02
Engelsworte -
Engelswerte In der Debatte um die Verwendung des Namens "Friedrich Engels" im sensiblen Erziehungsbereich hatte ich Engels-Zitate verbreitet, die zum Nachdenken Anlass geben sollten, ob Jahrzehnte nach Godesberg die SPD ohne Tiefenprüfung diesen Namen empfehlen kann. Einzelzitate beschreiben nie eine ganze Persönlichkeit, können aber zum Ausschluss von Eigenschaften führen, die in einer demokratischen Gesellschaft Vorbildfunktion haben können, zumal nicht nur schöne oder intelligente Worte, sondern Zielstellungen und deren Wirkungsgeschichte zu berücksichtigen sind. Nachfolgend meine
Replik auf die Stellungnahme einer PDS-Politikerin mit ausführlicheren
Engels-Zitaten; im Anschluss Zitate zur Behandlung der Demokratie,
die
PDS-Stellungnahme selbst Dr. Karl-Adolf Zech (gegenüber der Mail geänderte Passagen sind mit [...] gekennzeichnet) Sehr geehrte Damen und Herren, eine Frau Viola Weinert, Studienrätin u. Lehrerin für Politische Bildung, PDS-Abgeordnete des Kreistages Brandenburg-OSL und bisherige Fraktionsvorsitzende, hat auf einen Mail-Protest von mir gegen die Benennung "Friedrich Engels" des Senftenberger Gymnasiums mit einem Text (eMail) reagiert, den sie an einige Abgeordnete richtete, jedoch nicht an mich selbst. Auf Umwegen erreichte mich ihr Text. Leider beschäftigt sich die Dame fast mehr mit meiner Person, die sie gar nicht kennt, als mit dem fraglichen Engels. Aber was kennt sie von ihm? Es stimmt schon: Vielleicht kann man mit der Unlust der Leute spekulieren, diese alten Klassiker noch lesen zu wollen. Auch ich könnte mir Schöneres vorstellen. Ich bin Absolvent einer kommunistischen Kaderschmiede der DDR und habe mich im Studium 13 Semester mit Marxismus-Leninismus beschäftigt. Später stand ich allerdings auf der KZ-Liste der Stasi ("Vorbeugungsdokument 4.1"). Aber sowas haben ja die Klassiker gar nicht gewollt. Oder verursacht. Oder doch? Ich glaube schon, dass ich Pisa, auf dessen Leseverständnistest Frau Weinert anspielt, vielleicht nicht bestanden hätte, wenn die kommunistischen Revolutionäre die Klassiker-Idee von der Notwendigkeit der Kinderarbeit durchgesetzt hätten (vgl. Marx in seiner Kritik am Gothaer Programm, wo die Forderung nach ihrer Abschaffung "reaktionär" ist). Ich bin sehr für Differenzierung - in jeder Hinsicht. Ich finde solche Schmähtexte wie den von Frau Weinert schrecklich, ganz im Stile der "Klassiker" bis hin zum DDR-ND-Stil (z.B. der berühmte Politbüro -"A. Z."): zuerst die Gegner oder Rivalen klein, dumm, böse machen - wobei die Klassiker auch noch über Rasse, körperliche Gebrechen oder Aussehen herzogen. Dann argumentiert es sich gleich leichter. Allerdings halte ich es umgekehrt für hilfreich, einige Gedankenanstöße zu geben, zitatengestützt, die zumindest aufhorchen lassen und klar machen müssten, dass der Name "Friedrich Engels" nicht an eine demokratische Schule gehört, denn das wird auch Frau Weinert wissen: Für Demokratie, Mehrheitsregelungen, verbürgte Rechte etc. steht Engels ja nun gewiß nicht, das haben wir schon in der Schule gelernt (siehe unten [1]). Es ist klar: mit ein paar Zitaten, aus dem Zusammenhang gerissen, ohne Kenntnis der historischen Zusammenhänge, ergibt sich kein geschlossenes Bild. Dennoch sprechen viele Zitate für sich, legen Ziel- und Einstellungen bloß, regen zum Nachdenken und Weiterlesen an. Damit Verantwortliche aufhorchen, hatte ich einige Zitate in meinen Protest einfließen lassen. Ich hatte, wo möglich, zu den Zitaten einen Internet-Link hinzu gefügt, damit es im Kontext lesbar wird. Wenn sie dort nicht vorhanden sind, hatte ich auf MEW verwiesen. (nebenbei: auch dort ist nicht alles veröffentlicht, was von den Klassikern und ihren Motiven wissenswert ist - die MEGA weiß mehr. ) Frau Weinert meint, mir unterstellen zu können, dass ich schlecht lesen könne und fragt "Votiert Engels nun für die Vernichtung der Tschechen oder bedauert er sie ...?" Wohlan, gehen wir in die Texte. In dem fraglichen Text hält Engels die Tschechen vielleicht für brauchbare Revolutionäre, die leider an die falsche Seite gedrängt wurden. Nur: warum ist dann ein "Vernichtungskrieg" die einzige "Lösung"? Einige Monate später, als die Tschechen nicht mehr so brauchbar sind, hat er sich weitere Gedanken darüber gemacht meint im Januar 1849 in der NRZ:
"... Aber bei dem
ersten siegreichen Aufstand des französischen Proletariats, ...
werden
die östreichischen Deutschen und Magyaren frei werden und an den
slawischen Barbaren blutige Rache nehmen. Der allgemeine Krieg, der
dann ausbricht, wird diesen slawischen Sonderbund zersprengen und
alle diese kleinen Stierköpfigen Nationen bis auf ihren Namen vernichten.
Der nächste Weltkrieg wird nicht nur reaktionäre Klassen und Dynastien,
er wird auch ganze reaktionäre Völker vom Erdboden verschwinden
machen. Und das ist auch ein Fortschritt." Dieser Text lag Frau Weinert vor! Wer liest hier nicht richtig? Und
vor allem: warum?! Eben nicht "unterliegen"
sollen sie, wie Frau Weinert beschwichtigt, sondern "vernichtet"
werden!
"Die
Niederlage der Arbeiterklasse in Frankreich, der Sieg der französischen
Bourgeoisie war gleichzeitig der Sieg des Ostens über den Westen, die
Niederlage der Zivilisation unter der Barbarei. In der Walachei begann
die Unterdrückung der Romanen durch die Russen und ihre Werkzeuge, die
Türken; in Wien erwürgten Kroaten, Panduren, Tschechen,
Sereschaner und ähnliches Lumpengesindel die germanische Freiheit, und
in diesem Augenblicke ist der Zar allgegenwärtig in Europa. "
auch: "Was taten die Tschechen? Sie küßten die Rute, die sie bis aufs Blut gezüchtigt, sie schworen begeistert zu der Fahne, unter der ihre Brüder niedergemetzelt, ihre Weiber geschändet worden waren. Der Prager Straßenkampf war der Wendepunkt für die östreichischen demokratischen Panslawisten. Um die Aussicht auf ihre elende "nationale Selbständigkeit" verkauften sie die Demokratie, die Revolution an die östreichische Gesamtmonarchie, an "das Zentrum", "die systematische Durchführung des Despotismus im Herzen Europas", wie Bakunin p. 29 selbst sagt. Und für diesen feigen, niederträchtigen Verrat an der Revolution werden wir einst blutige Rache an den Slawen nehmen." Klingt nicht nach "Bedauern". Es geht noch weiter: "Auf die sentimentalen Brüderschaftsphrasen, die uns hier im Namen der kontrerevolutionärsten Nationen Europas dargeboten werden, antworten wir, daß der Russenhaß die erste revolutionäre Leidenschaft bei den Deutschen war und noch ist; daß seit der Revolution der Tschechen- und Kroatenhaß hinzugekommen ist und daß wir, in Gemeinschaft mit Polen und Magyaren, nur durch den entschiedensten Terrorismus gegen diese slawischen Völker die Revolution sicherstellen können." Ist das
"sinnentstellend" zitiert?
"Dann Kampf, "unerbittlichen Kampf auf Leben und
Tod" mit dem revolutionsverräterischen Slawentum; Vernichtungskampf
und rücksichtslosen Terrorismus - nicht im Interesse
Deutschlands, sondern im Interesse der Revolution! Weiter oben aber im Interesse Deutschlands: "Aber ohne Gewalt und ohne eherne Rücksichtslosigkeit wird nichts durchgesetzt in der Geschichte, und hätten Alexander, Cäsar und Napoleon dieselbe Rührungsfähigkeit besessen, an die jetzt der Panslawismus zugunsten seiner verkommenen Klienten appelliert, was wäre da aus der Geschichte geworden! Und sind die Perser, Kelten und christlichen Germanen nicht die Tschechen, Oguliner und Sereschaner wert?" Auch noch in späteren Jahren
äußert sich Engels so: "Nun können Sie mich fragen, ob ich denn gar keine Sympathien habe für die kleinen slawischen Völker und Volkstrümmer, ... In der Tat verdammt wenig. " (Tschechen, Slowaken, Serben, Bulgaren etc) MEW35, 281f oder Engels an Eduard Bernstein, 2./25. 2.1882 "Ich bin autoritär
genug, die Existenz solcher Naturvölkchen mitten in Europa für einen
Anachronismus zu halten. ... (moderater MEW 35, 279); später dann: "Diese elenden Trümmerstücke ehemaliger Nationen, Serben, Bulgaren, Griechen und anderes Räubergesindel, für die der liberale Philister im Interesse der Russen schwärmt, gönnen also einander die Luft nicht, die sie einatmen, und müssen sich untereinander die gierigen Hälse abschneiden. Das wäre wunderschön ..." MEW 36, 390 Noch Fragen? Ich wäre neugierig, wie die Klassiker den Beginn des ersten Weltkrieges, ausgelöst durch einen Großserbier, oder auch das Münchener Abkommen 1938 eingeschätzt hätten. Es gibt noch eine ganze
Reihe diesbezüglicher Texte und weiterer Untersuchungen der Klassiker
bzw. Engels zu nicht lebenswerten Nationen und auch der Überlegenheit
der Deutschen: auch "Und das alles zum Dank dafür, daß die Deutschen sich die Mühe gegeben haben, die eigensinnigen Tschechen und Slowenen zu zivilisieren, Handel, Industrie, erträglichen Ackerbau und Bildung bei ihnen einzuführen!", MEW 6, 277 ff, aber auch über "Klassen und Rassen, die zu schwach sind, die neuen Lebensbedingungen zu meistern." ( Marx) . Kommt bekannt vor. Ob das Brandenburgs Nachbarn gerne hören? Die Polen gelten
anfangs als überlebensfähige Nation, revolutionär genug, um gegen das
rückständige russische Barbarentum zu kämpfen:
Krieg zur Neuordnung Europas wird immer wieder diskutiert: "Ich habe die ganze
Frage durchgeochst und bin zu dem Schluß gekommen, ... daß in diesem
Augenblick die einzige Chance Deutschlands, die Herzogtümer zu befreien,
darin besteht, daß wir einen Krieg gegen Rußland zugunsten Polens
anfangen. Dann ist Louis-Napoleon unser gehorsamer Diener, Schweden
fällt uns sofort in die Arme, und England, hoc est Pam [Palmerston] ist
lahmgelegt; dann nehmen wir von Dänemark ungestraft was wir Wollen."
Glücklicherweise vollzieht sich heute Europapolitik dank der schmerzlich erworbenen Ablehnung solcher Gedanken auf andere Weise. Ich lasse mich ja gerne von Frau Weinert "Denkzwerg" nennen. Aber "Riesen von Denkkraft" hatten wir genug: auch Lenin, Stalin usw. Aber was haben uns diese Denker, die ihre Ideen im Gegensatz zu den Klassikern umsetzen konnten, hinterlassen? Dazu sagt Frau Weinert natürlich nichts. Man könnte sich ja erinnern. (An dieser Stelle könnte ich glatt ins Polemisieren kommen.) Solche Denkriesen als Namenspatron für eine demokratische Schule? Mit den Stimmen der SPD? Der Antisemitismus von
Marx, selber jüdischer Herkunft, ist nun wirklich unstrittig. Wenn Frau Weinert Marx unterstellt, er habe die "Emanzipation" der Juden gewollt und für den Sozialismus erwartet (woher diese Weisheit?), warum nennt sie dann nicht einen Satz über die "Emanzipation? Es gibt mehrere, bitte im Kontext. Hier ist einer: "Wir erkennen also im Judentum ein allgemeines gegenwärtiges antisoziales Element, welches durch die geschichtliche Entwicklung, an welcher die Juden in dieser schlechten Beziehung eifrig mitgearbeitet, auf seine jetzige Höhe getrieben wurde, auf eine Höhe, auf welcher es sich notwendig auflösen muß. Die Judenemanzipation in ihrer letzten Bedeutung ist die Emanzipation der Menschheit vom Judentum." MEW 1, 372f, geschrieben übrigens 1843 (nicht 1844, wie Frau Weinert meint), genau Hundert Jahre vor Beginn der "Endlösung"! Sätze ähnlicher Stoßrichtung wie "So finden wir, dass hinter jedem Tyrannen ein Jude ...steht.", Eleanor Marx: "The Eastern Question - Letters written 1853-1856 Dealing with the Events for the Crimean War by Karl Marx", London 1869, S. 600 findet man öfter.Laut Julius Carlebach: "Karl Marx And The Radical Critique of Judaism", London 1978, sagt dazu der Jude Franz Jona Fink: "What Jew could forget the mass extermination of 1943 when he reads the death sentence of 1843?" In deutlicherer Sprache, aber weniger öffentlich in einem Brief an Engels, über einen politischen Rivalen: "Es ist mir jetzt völlig klar, daß er, wie auch seine Kopfbildung und sein Haarwuchs beweist, - von den Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen (wenn nicht seine Mutter oder Großmutter von väterlicher Seite sich mit einem nigger kreuzten). Nun, diese Verbindung von Judentum und Gemanentum mit der negerhaften Grundsubstanz müssen ein sonderbares Produkt hervorbringen. Die Zudringlichkeit des Burschen ist auch niggerhaft." Marx an Engels 30. Juli 1862; MEW 30, 257 ff. Ist das nur eine leicht burschikose, aus dem Zusammenhang gerissene Redensart (über den Arbeiterführer Ferdinand Lasalle)? Das klingt wie Der Stürmer, da kann niemand drum herum reden. Ist das wirklich nur als Metapher für "Kapital" zu lesen? Aber es geht ja hier um Engels: "... daß die deutschen Nationalgimpel und Geldmacher des Frankfurter Sumpfparlaments bei diesen Zählungen immer noch die polnischen Juden zu Deutschen gerechnet, obwohl diese schmutzigste aller Racen weder ihrem Jargon, noch ihrer Abstammung nach, sondern höchstens durch ihre Profitwütigkeit mit Frankfurt im Verwandtschaftsverhältnis stehen kann ..." NRZ 29. April 1849, Zweite Ausgabe; MEW 6, 448f . Was würde die Lehrerin für Politische Bildung in der demokratischen Bundesrepublik Deutschland einem Schüler für eine Note erteilen, wenn er solches in einem Aufsatz schrieb? oder: "Wir wünschen nur, daß es recht gemeine, recht schmutzige, recht jüdische Bourgeois sein mögen, die dies altehrwürdige Reich ankaufen. Solch eine widerliche, stockprügelnde, väterliche, lausige Regierung verdient, einem recht lausigen, weichselzöpfigen, stinkenden Gegner zu unterliegen. Herr Metternich kann sich darauf verlassen, daß wir später diesen Gegner ebenso unbarmherzig lausen werden, wie er von ihm demnächst gelaust werden wird." Deutsche-Brüsseler-Zeitung Nr. 8 vom 27. Januar 1848 Klingt nicht eben fein. [Immer wieder kommen Sätze vor mit schlimmsten stereotypen Antijudaismen]. Man schaue sich die von Marx "diktatorisch" (so Redakteur Engels: MEW 21, 19) regierte Neue Rheinische Zeitung an. Die Artikel des von Marx gelobten Redakteurs Müller-Tellering (MEW 27, 485) strotzen nur so von schlimmstem Antisemitismus in ausgesprochener Stürmer-Manier. Dazu Rosdolsky, ehemaliges ZK-Mitglied der KP Westukraine, zur Neuen Rheinischen Zeitung: "Der Leser ist sicherlich über die geschmacklosen antijüdischen Korrespondenzen dieses Blattes bestürzt. Welcher trüben Quelle entstammen sie? Die Antwort ist einfach: Die vielstimmige 'Volksmeinung' war es, die in diesen Korrespondenzen lag. Freilich war dieser 'Volksantisemitismus' in bedeutendem Maße 'antikapitalistisch' - so war aber auch der spätere Antisemitismus Stöckers, Luegers und Hitlers" (Friedrich-Ebert-Stiftung, Archiv für Sozialgeschichte 1964, Band 4, S. 194 bzw. 264). Engels hat sich nach dem Tode von Marx mit Antisemitismus beschäftigt, nennt ihn "Dummheit", nennt gesellschaftliche Bedingungen, wo das mächtige Kapital, "semitisch oder arisch", die reaktionären Kräfte zerstört und der Antisemitismus daher nur in rückständigen Gesellschaften anzutreffen ist, stellt fest, dass bei den New Yorker Superreichen kein einziger Jude sei, dass es viele jüdische Proletarier gibt und sagt: "Viele unserer besten Leute sind Juden".Allerdings befindet er sich hier im Streit mit kunkurrierenden Arbeiterbewegungen (zB. der christlichen von Adolf Stoecker), die antijudaistisch argumentierten, gegen die es sinnvoll erscheint, auch dieses Register ziehen zu können. Wie wir alle wissen, hat die Geschichte bewiesen, dass Antisemitismus langlebiger war. Die entsprechenden antisemitischen Anmerkungen der Klassiker (wie wird erst das nicht-überlieferte, aber dennoch nachhaltig wirkende Gedankengut ausgesehen haben?) sind notwendig mit in diese Geschichte eingegangen. Dann hat Engels wieder Verständnis für Antisemitismus in Frankreich. MEW 38, p.403 (1891/92) [- vgl. auch MEW 38, p.228.] Nicht nur das gibt ein schillerndes Bild von Engels, wie in vielen Dingen. Überhaupt der Rassismus. Sollte man sagen, der Rassismus der Klassiker war eben der Zeitgeist? Oder sollte man anerkennen, dass ihr Wirken diesen verstärkt und mit Begründungen versehen hat? - Mit den bekannten Folgen? Engels beschäftigt sich mit den "Menschenracen" MEW 27,385, ist der Meinung, dass die Rasse ein ökonomischer Faktor ist:"Wir sehen die ökonomischen Bedingungen als das in letzter Instanz die geschichtliche Entwicklung Bedingende an. Aber die Rasse ist selbst ein ökonomischer Faktor." MEW 39, 206; Es geht um deutsche "Racen", die slawische, die angelsächsische Rasse usw. Über "zu schwache Rassen" wurde oben schon gesprochen. Nach Marx sollten sich die zur gleichen "großen Rasse" gehörenden Deutschen und Skandinavier verbinden, damit sie nicht den Weg für ihren Erbfeind, die "Slaven", bereiten. MEW 9, 248. Man hat förmlich bestimmte Wahlplakate der Weimarer Zeit vor Augen. Für Engels sind "bis heute" "die Russen aller Klassen viel zu barbarisch, um an wissenschaftlicher oder geistiger Tätigkeit irgendwelcher Art (außer Intrigen) Gefallen zu finden. Deshalb sind fast alle ihre hervorragenden Leute im Militärdienst entweder Ausländer oder, was beinahe auf dasselbe herauskommt, 'Ostseiskije', Deutsche aus den baltischen Provinzen." Frau Weinert kennt ihren Marx und ihren Engels schlecht, wenn sie verneint, dass sie Terror gewollt haben. Von der Notwendigkeit des Terrors haben wir schon in der Schule gehört, nur wurde das Wörtchen "revolutionär" davor nie vergessen:
"Die Arbeiter
müssen ... (auch noch in den 1890ern: MEW 39, 32). Engels - im Gegensatz zu Frau Weinert: "... wir werden den Terrorismus nicht beschönigen", MEW6, 505 . Leicht auszumalen, was diese pseudo-wissenschaftliche, programmatische Enttabuisierung von Terror im Namen einer revolutionären Bewegung, im Namen eines Ideals, im Namen von politischen Zielen bei den angesprochenen Multiplikatoren der Arbeiterbewegung angerichtet hat. Reichspogromnacht und Rostock-Lichtenhagen lassen grüßen. Ist der Bogen zu weit gespannt? An den Gymnasien sollen Schüler die Grundlagen demokratischen Verhaltens erlernen und erfahren. Mit einem Vorbild, das Demokratie nur als Zwischenstadium, als taktische Phase, das Demokraten bestenfalls als (dumme, zu kompromittierende s. [1] unten) taktische Bündnispartner betrachtete, dem zu gegebener Zeit der Fuß ins Genick zu stellen ist, kann das wahrscheinlich nur nach Meinung von OSL-Kreistagsvertretern gelingen. Die Kommunisten kooperierten in der Weimarer Republik wenn nötig sogar mit der rivalisierenden revolutionären NS-Bewegung, wenn es nur gegen den demokratischen Hauptfeind SPD ging. (Hauptfeind Sozialdemokraten - vgl. Ulbricht im Reichstag Feb. 1932 - Deutsches Historisches Museum Berlin) Was wird Frau Weinert denn Schülern entgegnen, wenn diese von Menschenkehricht, Völkerabfällen, Nationen ohne Existenzberechtigung, vom Recht der stärkeren Nation auf Eroberung u.dgl. reden? Sie dürfen sich ja auf ihren Namenspatron berufen. Und wenn sie sich nach dessen Anleitung "des eigenen Verstandes ohne Anleitung Fremder" (Frau Weinert zitiert Kant) bedienen und solche Gedanken ins Heute projizieren? Will man wirklich Demokraten erziehen, die mit Mehrheitsbeschlüssen umgehen können? Die Anregungen hätten für die Verantwortlichen ausreichen müssen, sich zumindest vertieft mit dem Thema zu befassen. Literatur gibt es genug. Ja, es geht mir ums "Abfertigen und Erledigen", aber nicht als "Ausdruck von Denkfaulheit", wie Frau Weinert glaubt schreiben zu müssen, sondern um meinen kleinen Beitrag zum Erledigen von scheintoten Diktatur- und Zerstörungsphantasien, die im vorigen Jahrhundert viele Millionen Tote forderte. Peanuts? Wer sich noch weitere Texte zumuten will, kann das im Internet tun und sich ein eigenes Bild machen: Unter kann eine ML-Suchmaschine angesprochen werden. Leider fehlt hier viel Material, besonders viele persönliche Briefe der Klassiker untereinander, in denen sie ihre Absichten verdeutlichen (August Bebel in einem Brief an Kautzky sinngemäß darüber: das Schlimmste haben wir beseitigt oder entschärft) und wo sie einander ihre öffentlichen Schriften interpretieren, sind wohl die Aussagekräftigsten.Eigentlich wäre eine historisch und politisch begründete Analyse der Person Friedrich Engels die Aufgabe der Verantwortlichen Bildungspolitiker gewesen. Die Zahnlosigkeit der Demokraten Brandenburgs, besonders der SPD, ist mir unverständlich. Dass sich Frau Weinert mit Ihrem Text sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat, ist ja offenkundig. Sie kennt - wie viele - die schlimmen Texte nicht - oder sie will sie nicht zur Kenntnis nehmen oder geben, sondern vermutlich nur die uns immer als das Grundwissen aus der Sicht der DDR-Notwendigkeiten angebotenen "Lehrtexte". Ich weiß nicht, ob ich "Feindbilder pflege", denke aber, dass sie die falschen "Freundbilder" propagiert. Wie mag der politische Bildungsunterricht bei ihr aussehen? Nein, ich will an dieser Stelle nicht spekulieren über ihre Motive und Ziele. Ich kenne sie nicht. Das heißt: ein bisschen habe ich sie ja kennen gelernt... Zum Schluss noch ein Wort von einem, der es wissen muss, und der offensichtlich lernfähig ist: "...führt sie
allerdings unaufhaltsam zu der Konsequenz, die mich heute sagen läßt,
nicht erst mit Stalin, sondern mit dem Freundespaar aus Trier und
Wuppertal beginnen Misere und Höllensturz der "wissenschaftlichen"
Weitverbesserung. Ihre Virulenz wird sie solange nicht einbüßen, als
gerade dies geleugnet wird und die "Klassiker" von der gescheiterten
Praxis ihrer Theorie abgenabelt werden. Darum bemüht sich ja krampfhaft
eine marxistische Erbengemeinschaft, zu der weit mehr - und weniger
suspekte - Leute gehören, als sie in der PDS zu finden sind. Sie möchten
den Schlußstrich beim blutsaufenden Georgier gezogen sehen.
Schadensbegrenzung für Marx und Engels. Bleiben sie unbefleckt, kann man
weiter mit ihnen in sozialer Bigotterie machen - vielleicht schon bald
wieder in einer Welt, die dafür hinreichenden sozialen Nährboden
liefert. " Dem ist nichts hinzu zu fügen. Frei nach Jewtuschenko vielleicht noch das: Verdoppelt die Wachen an ihren Gräbern! -- Ach so, Engels hat ja keins. Eben! KA Zech
-------------------------------------------------------- " Engels an Friedrich Leßner, 4. April 1869: Dabei ist es zum Totlachen zu sehen, wie diese dummen Demokraten jetzt erst recht angeführt sind, und in keinem Lande der Welt sich auch nur noch ein anständiges Plätzchen für sie finden will. Fortschrittspartei in Deutschland, Republikaner in Frankreich, Radikale in England, sie sind alle zusammen gleich beschissen. Es gibt nichts Komischeres als die sauersüßen Komplimente, die sie der sozialen Bewegung machen müssen, während sie ganz genau wissen, daß diese soziale Bewegung ihnen eines schönen Morgens den Fuß auf den Nacken setzen wird. " MEW 32, 599 Gibt es immer noch "dumme Demokraten"? Also Vorsicht SPD: "Die Kommunisten, weit entfernt, unter den gegenwärtigen Verhältnissen mit den Deokraten nutzlose Streitigkeiten anzufangen, treten vielmehr für den Augenblick in allen praktischen Parteifragen selbst als Demokraten auf. Die Demokratie hat in allen zivilisierten Ländern die politische Herrschaft des Proletariats zur notwendigen Folge, und die politische Herrschaft des Proletariats ist die erste Voraussetzung aller kommunistischen Maßregeln. Solange die Demokratie noch nicht erkämpft ist, solange kämpfen Kommunisten und Demokraten also zusammen, solange sind die Interessen der Demokraten zugleich die der Kommunisten. Bis dahin sind die Differenzen zwischen beiden Parteien rein theoretischer Natur und können theoretisch ganz gut diskutiert werden ohne daß dadurch die gemeinschaftliche Aktion irgendwie gestört wird. Man wird sich sogar über manche Maßregeln verständigen können, welche sofort nach Erringung der Demokratie im Interesse der bisher unterdrückten Klassen vorzunehmen sind, z.B. Betrieb der großen Industrie, der Eisenbahnen durch den Staat, Erziehung aller Kinder auf Staatskosten etc" MEW 4, 317. Und dann muß man die Demokraten kompromittieren: 1. die Demokraten dazu zwingen, nach möglichst vielen Seiten hin in die bisherige Gesellschaftsordnung einzugreifen, ihren regelmäßigen Gang zu stören und sich selbst zu kompromittieren sowie möglichst viele Produktivkräfte, Transportmittel, Fabriken, Eisenbahnen usw. in den Händen des Staates zu konzentrieren. 2. Sie müssen die Vorschläge der Demokraten, die jedenfalls nicht revolutionär, sondern bloß reformierend auftreten werden, auf die Spitze treiben und sie in direkte Angriffe auf das Privateigentum verwandeln, so zum Beispiel, wenn die Kleinbürger vorschlagen, die Eisenbahnen und Fabriken anzukaufen, so müssen die Arbeiter fordern, daß diese Eisenbahnen und Fabriken als Eigentum von Reaktionären vom Staate einfach und ohne Entschädigung konfisziert werden. Wenn die Demokraten die proportionelle Steuer vorschlagen, fordern die Arbeiter progressive; wenn die Demokraten selbst eine gemäßigte progressive beantragen, bestehen die Arbeiter auf einer Steuer, deren Sätze so rasch steigen, daß das große Kapital dabei zugrunde geht; wenn die Demokraten die Regulierung der Staatsschulden verlangen, verlangen die Arbeiter den Staatsbankerott. Die Forderungen der Arbeiter werden sich also überall nach den Konzessionen und Maßregeln der Demokraten richten müssen . Man könnte hier verstehen, warum manche den Namen "Friedrich Engels" so bevorzugen.
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